Zusammenarbeit – Wie gelingt die Professionalisierung der Betriebsratsarbeit? (Teil 2)
Sind Sie schon mal bei einem Freund oder Bekannten im PKW mitgefahren und haben sich auf dem Beifahrersitz unwohl oder gar unsicher gefühlt? Der Fahrer oder die Fahrerin hat sich zwar an die geltende Straßenverkehrsordnung gehalten, jedoch führte der gewählte Fahrstil bei Ihnen zu merklichem Unwohlsein. Genau so verhält es sich auch mit der Zusammenarbeit im Kontext der betrieblichen Mitbestimmung. Das BetrVG alleine zu kennen reicht bei weitem nicht aus, um eine wertschöpfende Professionalisierung der Betriebsratsarbeit zu erreichen.
Ein entscheidender Faktor ist die Frage, mit welcher Haltung und welchem Stil sich die Betriebsparteien begegnen und nach welchen zuvor gemeinsam vereinbarten Verhaltensprinzipien die Zusammenarbeit erfolgt.
Und genau hier liegt der nächste Stolperstein im professionellen Umgang mit betrieblicher Mitbestimmung. In der Praxis lässt sich leider eher selten davon berichten, dass sich die Betriebsparteien hinsichtlich ihrer gegenseitigen Erwartungen und Wünsche an die Zusammenarbeit – gewissermaßen auf der Metaebene – also unabhängig von einer akuten inhaltlichen Fragestellung – abgestimmt oder diese gar formell vereinbart haben.
Ein Zusammenarbeitsmodell wird häufig nicht vereinbart
Vielmehr hangeln sich die Betriebsparteien in der Praxis zumeist von Projekt zu Projekt und Regelungsbedarf zu Regelungsbedarf und die Kultur des Miteinanders ist daher meist eher ein Zufallsprodukt aus den gegenseitig gemachten Erfahrungen. Das kann gut gehen – muss es aber nicht. Insbesondere wenn relevante Schlüsselpersonen auf Arbeitgeberseite durch Veränderungen im Management oder auf Betriebsratsseite beispielsweise durch die Wahl wechseln, kann es zu Irritationen in der Zusammenarbeit kommen, wenn die grundlegenden Prinzipien der Zusammenarbeit nicht gemeinsam auf der Metaebene abgestimmt sind.
So habe ich erst jüngst das Beispiel erlebt, dass ein externer neuer Geschäftsführer dem Gremium beim ersten Kennenlernen mit der Aussage begegnete, dass er bereits viel Erfahrung mit Betriebsräten hat und die Zusammenarbeit daher sicherlich positiv verlaufen wird und man sich daher nicht näher abstimmen bräuchte – zumal er auch das Gesetz kennt. Im Grunde eine von ihm positiv gerichtete Absicht. Die Wirkung war jedoch im übertragenen Sinne, als würde man beim ersten Date der anderen Person gegenüber folgendes äußern: “Ich war schon mal in einer Beziehung, ich weiß was es für eine gute Partnerschaft braucht“.
Das Zusammenarbeitsmodell muss von beiden Betriebsparteien gemeinsam definiert werden
Denselben unangenehmen Effekt gibt es selbstverständlich auch andersherum. So war neulich ein junges Gremium bei einer Grundlagenschulung in dem sie gelernt haben mit Formulierungen und Fristsetzungen zu arbeiten. Direkt nach der Schulung hat die Betriebsratsvorsitzende nach einem an sich positiven und freundlichen Gespräch mit der Personalleiterin eine formelle Email sozusagen als Protokoll nachgesendet. Dies war jedoch in der Wahrnehmung der Personalleiterin überraschend und bis dato ungewohnt so hart und formell formuliert, dass sie sich vor den Kopf gestoßen gefühlt hat.
Learning: eine professionelle Betriebsratsarbeit erfordert, dass sich die Betriebsparteien initial gemeinsam hinsichtlich Werten und Prinzipien in der zwischenparteilichen und zwischenmenschlichen Zusammenarbeit abstimmen. Diese gilt es daraufhin regelmäßig gemeinsam fokussiert, mittels einer Retrospektive zu validieren. Nur so kann das zarte Pflänzchen einer echten „vertrauensvollen Zusammenarbeit“ wachsen und gedeihen.
Vertrauensvolle Zusammenarbeit ist weit mehr als sich die Betriebsparteien meist vorstellen
Die häufig stumpf eingeforderte oder phrasenartig wiederholte „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ der Betriebsparteien ist weit mehr als ein Paragraph im Gesetz und wird meist ohnehin mehr als Vorwurf formuliert bzw. vom gegenüber als solcher verstanden. Vielmehr müssen die Betriebsparteien gemeinsam an Prinzipien, gemeinsamen Prozessen und Werten der Zusammenarbeit fokussiert und strukturiert arbeiten. Ziel ist es ein gemeinsames Zusammenarbeitsmodell im Betrieb und Unternehmen zu definieren und daraufhin zu leben. Dabei ist die wichtigste Erkenntnis, dass die Betriebsparteien nur gemeinsam ein Zusammenarbeitsmodell definieren und daran arbeiten können.
In Teil 3 unserer kleinen Serie erfahren Sie aus welchen wesentlichen Komponenten ein Zusammenarbeitsmodell zur Professionalisierungen der Betriebsratsarbeit entstehen kann.
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