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Wie gelingt die Professionalisierung der Betriebsratsarbeit? (Teil 1)

Mit dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat der Gesetzgeber die Grundlage der betrieblichen Demokratie in deutschen Betrieben und Unternehmen geschaffen. Das Gesetz gibt dabei den Rahmen zur eigentlichen Organisation (Struktur, Zusammensetzung, Wahl, Geschäftsordnung, etc.) der Gremien als auch zum Umfang der Beteiligungsrechte vor. Dabei stellt sich vermehrt im Zuge der Digitalisierung, schnelllebigen Veränderung und physischen COVID-19 bedingten Distanzierung gleichermaßen für Betriebsräte als auch Arbeitgeber die Frage, wie eine Professionalisierung der Betriebsratsarbeit gelingen kann.

In Seminaren und Schulungen ziehe ich hier gerne den Vergleich zur Straßenverkehrs-Ordnung. So wie diese gemeinhin bekannte Ordnung Regelungen für sämtliche Teilnehmer am Straßenverkehr auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen festlegt, verhält es sich mit dem Betriebsverfassungsgesetz. Das BetrVG regelt für Arbeitgeber, Betriebsräte und Mitarbeiter die Beteiligung in der Gestaltung der Arbeitswelt und der einhergehenden Veränderungsprozesse im Betrieb und Unternehmen.

Das BetrVG regelt gewissermaßen den „Straßenverkehr“ im Betrieb

Und genau hier liegt der erste Stolperstein im professionellen Umgang mit betrieblicher Mitbestimmung. Etwas wie den Führerschein im Straßenverkehr gibt es für die Mitbestimmung nicht. Damit möchte ich nicht sagen, dass es eine Art Führerschein bräuchte, vielmehr möchte ich attestieren dass die Kenntnis im Umgang mit dem BetrVG oft in den Betrieben und Unternehmen als grundsätzliches Verständnis trotz bereits etablierter Gremien häufig nicht gleichermaßen vorhanden ist. Dabei fällt auf, dass häufig insbesondere in mittelständischen Unternehmen die Betriebsräte ein besseres Grundlagenwissen zum Gesetz vorweisen als Arbeitgeber. Dies hat nach meiner Beobachtung folgende Ursachen:

  • Gründet sich ein Betriebsrat ist es ganz normal dass sich die Kollegen entsprechend über die einschlägigen Grundlagenseminare schulen lassen. Auf Arbeitgeberseite ist das eher ungewöhnlich. Das Angebot im Markt ist recht dünn und der eigene Bedarf wird häufig nicht gesehen und teilweise auch nicht gewollt.
  • Oft wird davon ausgegangen, dass man auf Arbeitgeberseite ohnehin das BetrVG gut kennt. Leider ist dem häufig nicht so. Weder im Rahmen der kaufmännischen Berufsausbildung noch in den einschlägigen Studiengängen steht das BetrVG explizit auf den Lehr- und Studienplänen. Zumeist wird es als das „Betriebsrätegesetz“ lediglich gestreift.
  • Das BetrVG wird häufig als das Gesetz der Betriebsräte deklariert. Damit wird von Arbeitgeberseite bewusst oder unbewusst suggeriert, dass man die Regelung gar nicht in den eigenen Wirkungsbereich aufnehmen möchte.
Das BetrVG muss von Arbeitgebern und Betriebsräten gleichermaßen verinnerlicht werden

Learning: eine professionelle Betriebsratsarbeit erfordert, dass sich Arbeitgeber und Betriebsrat gleichermaßen mit den grundlegenden Regeln und Prinzipien des BetrVG proaktiv auseinandersetzen. Das Gesetz bildet den gemeinsamen Rahmen. Nur wenn sich beide Betriebsparteien das Gesetz einmal in den wesentlichen Grundzügen zu Gemüte geführt, verstanden und akzeptiert haben, kann eine echte Wertschöpfung im Sinne des Gesetzgebers erfolgen!

Oder im Sinne der StVO ausgedrückt: Die StVO soll mit ihren Regeln für einen sicheren Straßenverkehr sorgen. Nur wenn sich jeder Verkehrsteilnehmer an diese Vorschriften hält, kann gewährleistet werden, dass niemand bei einem Unfall zu Schaden kommt.

Auch im nächsten Artikel bleiben wir der Metapher „Straßenverkehr und betriebliche Mitbestimmung“ treu. In Kürze erfahren Sie hier welche Rolle der „Fahrstil“ für eine Professionalisierung der Betriebsratsarbeit für Arbeitgeber und Betriebsräte hat.

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